Freitag, 24. August 2012


Breivik Prozess in Oslo.

24. August 2012, 10:12 Uhr

Gericht 

verurteilt Breivik zur Höchststrafe

Anders Behring Breivik ist für 
zurechnungsfähig erklärt worden. 

Das Gericht verurteilte den norwegischen Massenmörder zu 21 Jahren Haft mit Sicherungsverwahrung. 

Ob er jemals freikommt, ist fraglich. 

21 Jahre Haft: Gericht hält Breivik für zurechnungsfähig 








Der norwegische Massenmörder  
Anders Behring Breivik ist zur Höchststrafe 
von 21 Jahren Haft und Sicherungsverwahrung 
verurteilt worden. 

Die Osloer Richter erklärten ihn am Freitag 
für zurechnungsfähig und entschieden sich 
dagegen, ihn in die geschlossene Psychiatrie einzuweisen. 

Damit muss Breivik die Verantwortung 
für sein Massaker mit 77 Toten im Osloer 
Regierungsviertel und auf der Fjordinsel 
Utøya vom 22. Juli 2011 übernehmen.


Weil das Gericht zusätzlich zur Höchststrafe 
eine Sicherungsverwahrung verhängte, die 
alle fünf Jahre verlängert werden kann, bleibt 
unklar, ob Breivik jemals wieder das Gefängnis verlassen wird. 

Unklar ist auch, ob der Verurteilte oder die Staatsanwaltschaft in Berufung gehen.

Breivik hörte den Urteilsspruch mit einem 
zufriedenen Lächeln. 

Der 33-jährige Islamhasser hatte auf keinen Fall 
zum Geisteskranken erklärt werden wollen. 

Die Einweisung in die Psychiatrie sei für ihn 
schlimmer als der Tod, hatte er gesagt.

Angehörige wirken mitgenommen, 

aber zufrieden

Kurz vor Beginn der Urteilsverkündung 
hob Breivik in dem bis zum letzten Platz 
gefüllten Gerichtssaal wie schon zum 
Prozessauftakt die geballte Faust 
zum rechten Gruß. 

Während die Richter die 90 Seiten lange Urteilsbegründung verlasen, machte er 
sich immer wieder Notizen und flüsterte 
mit seinen Verteidigern. 

Im Gerichtssaal war es sehr still, als 
das Urteil verlesen wurde. 

Die Angehörigen der Opfer wirkten 
mitgenommen, aber zufrieden. 

Einige weinten.

21 Jahre Haft sind in Norwegen das höchste Strafmaß. 

Die dazu verhängte Sicherungsverwahrung 
("forvaring") kann allerdings alle fünf Jahre 
verlängert werden. 

Mit dem Urteilsspruch vom Freitag könnte 
Breivik also bis zum Tod hinter Gittern bleiben, 
obwohl das norwegische Rechtssystem kein Lebenslänglich kennt. 

Verteidiger Geir Lippestad hatte die Norweger 
dennoch vorab gewarnt: 

"Wir müssen uns vorbereiten, dass Breivik 
eines Tages wieder freikommen kann."

Breivik hatte am 22. Juli 2011 zuerst eine
Autobombe im Osloer Regierungsviertel 
gezündet und so acht Menschen getötet. 

Wenig später nahm er in einem wahren Blutbad 
auf der Fjordinsel Utøya 69 meist jugendlichen Sozialdemokraten das Leben. 

42 Menschen wurden schwer verletzt. 

Die kaltblütige Tat hatte ganz Norwegen erschüttert. 

Die Anklageschrift legte ihm Terrorismus und vorsätzlichen Mord zur Last.


Wie die fünf Richter - zwei Berufsrichter 
und drei Schöffen - in der Frage der Zurechnungsfähigkeit entscheiden 
würden, war mit Spannung erwartet worden. 

Das Urteil sei einstimmig gefallen, 
sagte die Vorsitzende Richterin 
Wenche Elizabeth Arntzen.

Geständnis ohne Reue

Vor dem Prozess waren zwei Gutachten zu gegensätzlichen Ergebnissen gekommen. 

Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb auf unzurechnungsfähig plädiert. 

Es sei schlimmer, einen psychotischen 
Menschen irrtümlich in Haft zu nehmen 
als einen nicht-psychotischen in eine Zwangspsychiatrie. 

Viele Norweger hatten sich Breivik 
dagegen hinter Gittern gewünscht. 

Für die Entscheidung über die 
Zurechnungsfähigkeit seien Breiviks Äußerungen 
zum angeblichen Tempelritter-Orden wichtig 
gewesen, sagte Richterin Wenche Elizabeth Arntzen. 

Nachforschungen der Polizei hätten ergeben, dass 
die Organisation wahrscheinlich nicht existiere. 

Daraufhin habe Breivik seine Aussagen dazu 
während des Verhörs angepasst und die 
Darstellung aus seinem Manifest als "pompös" 
oder übertrieben bezeichnet.

Der 33-Jährige hatte seine Taten vor Gericht 
zugegeben, aber keine Reue gezeigt. 

In seinem Geständnis bezeichnete er die Morde 
als "grausam, aber notwendig" und nannte als 
Tatmotiv Hass auf den Islam und die regierenden Sozialdemokraten. 

Seine extreme Einstellung zu Einwanderern 
werde von vielen Menschen geteilt, bemerkte 
die Richterin bei der Urteilsverkündung.

Noch ist die Frage offen, ob 
Breivik das Urteil anficht. 

Auch die Staatsanwälte könnten 
in Berufung gehen. 

Dann müsste der Fall vor dem höchsten 
norwegischen Gericht noch einmal aufgerollt werden. 

Breivik hatte ankündigen lassen, nach der Urteilsverlesung, die etwa sechs Stunden 
dauern sollte, eine Erklärung vortragen zu wollen. 

Er selbst hatte auf Freispruch plädiert.

Mit dem Richterspruch geht ein zehnwöchiger Mammutprozess zu Ende, der rund um den 
Erdball verfolgt wurde. 

Mehr als hundert Zeugen sagten aus, darunter 
rund 40 teils schwer verletzte Jugendliche, 
die das Blutbad auf Utøya überlebt hatten. 

Viele Norweger hatten an den Prozess hohe Erwartungen geknüpft, hofften, dass er das 
nationale Trauma heilen helfe.

mlr/DPA/AFP

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