Duda News Dienstag, 03.09.2012
Marcel Duda
Marcel Duda
Bild: reuters
Shannon Eastin (r.) profitiert
vom Streik, die Spieler wollen
ihre Schiris zurück.
Es
war nur ein bedingtes Zeichen von
Fortschrittsgeist, als Shannon Eastin
am 9. August das Football-Stadion in
San Diego betrat, den
Pferdeschwanz
versteckt unter einer schwarzen Schirmmütze.
Die Fachwelt
rieb sich verwundert die Augen.
92 Jahre nach der Gründung der
National
Football League (NFL) stand zum
ersten Mal eine Frau im
Schiedsrichterteam
auf dem Feld, und dann war es noch eine,
die bislang
maximal in niederklassigen
College-Ligen eingesetzt worden war.
Tatsächlich ist die 42-Jährige nicht
auf
Grund ihres herausragenden Rufs in die
Eliteklasse gerutscht.
Vielmehr ist ihre Nominierung nur eine
Randnotiz im Arbeitskampf
zwischen der
NFL und ihren Schiedsrichtern.
Die Auseinandersetzung hält
die wichtigste Football-Liga der Welt derzeit in Atem.
Beide Parteien
verhandeln seit Monaten,
ohne auch nur einen Zentimeter Raumgewinn
verbuchen zu können.
Wie schon im letzten Tarifstreit im Jahr 2001
sperrte die NFL alle regulären Schiedsrichter vorübergehend und rief
sich ein Team aus niederklassigen High-School- und
College-Referees
zusammen – darunter
auch Shannon Eastin.
Für drei Wochen der Pre-Season
sollten
die Amateure zunächst einspringen, doch
nachdem am vergangenen
Wochenende
die letzte Verhandlungsrunde erfolglos blieb,
steigt heute
auch das Eröffnungsspiel der
93. Saison ohne NFL-erfahrene Referees.
Zum Ende der vergangenen Saison ist der
Tarifvertrag der Referees ausgelaufen.
Seitdem tobt ein erbitterter
Streit um Honorare, Rentenansprüche und Fahrtkostenentschädigungen.
Es
geht um mehr als Geld allein.
Zwar feilscht die
Schiedsrichtergewerkschaft
NFLRA durchaus um höhere Bezüge und
fordert ein reformiertes Rentensystem sowie
eine Anpassung der Gehälter an die
der
anderen wichtigen US-Profiligen NBA, NHL
und MLB; doch dahinter
steckt Substanzielleres.
Denn die NFL spielt mit dem Gedanken, als
letzte
der US-Profiligen zumindest teilweise auf
professionelle
Vollzeit-Schiedsrichter umzustellen.
Profis wünschen sich
ihre alten Schiris zurück
Bislang leiten – ähnlich wie in der
Fußball-Bundesliga – Ärzte,
Anwälte
oder Ingenieure im Nebenberuf die Spiele.
Die NFL möchte nun mit
drei Teams aus
Profi-Schiedsrichtern die Teilzeit-Referees
entlasten und mehr Kapazitäten haben,
um sie intensiver auszubilden.
Die
Gewerkschaft will das aber nur hinnehmen,
falls den
Teilzeit-Schiedsrichtern garantiert wird,
auch im vergrößerten
Schiedsrichter-Stab
dasselbe Geld zu bekommen.
Nach Informationen der New York Times
trennen insgesamt vier Millionen Dollar die Parteien von
einem
Vertragsabschluss.
Eine Einigung ist nach Einschätzungen aller
Beteiligter in naher Zukunft nicht zu erwarten.
Die Profis, die vor der
vergangenen Saison
ebenfalls über vier Monate mit der NFL um
ihre Verträge gestritten hatten, aber auch
Vereinsfunktionäre und Trainer
sind
gleichermaßen genervt von den
stockenden Verhandlungen.
Schon nach den ersten Spielen der
Vorbereitung äußerten sie scharfe Kritik an
den Ersatz-Schiedsrichtern,
die von Spieltempo
und -komplexität sichtlich überfordert waren
und
zahlreiche Fehlentscheidungen produzierten.
„Ich hätte nie gedacht, dass
ich mich
irgendwann freuen würde, einen Referee
aus dem letzten Jahr
wiederzusehen“, sagte
New-York-Giants-Wide-Receiver Victor Cruz.
„Wenn
jedoch bald einer auftaucht,
schüttle ich seine Hand und sage:
’Danke,
dass du wieder da bist.‘“
USA Today widmete dem ersten Spiel
von Shannon Eastin übrigens eine
ausführliche Berichterstattung.
Das
Urteil des Blattes:
Anders als der Großteil ihrer Aushilfskollegen
zeigte sie eine fehlerfreie Leistung.
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