Dienstag, 15. Mai 2012


Breivik Prozess     15.05.2012     


 
Prozesstag 19 in Oslo.

Zwischenfall bei Breivik-Prozess

Mann will sich anzünden

+++ Rauch am Gerichtsgebäude +++

Mann in Oslo zündet sich an 

 

 

 

 

 

Foto: AFP

 

Mann wird von Polizei überwältigt

Der verletzte Mann wird mit einem Krankenwagen weggebracht.

Von INGRID RAAGAARD

Link: http://www.bild.de/news/ausland/norwegen-massaker/prozess-breivik-ueberlebende-so-ist-es-wenn-man-stirbt-24160684.bild.html

Oslo –  

Zwischenfall bei Breivik-Prozess: 

Vor dem Gerichtsgebäude hat ein Mann offenbar versucht, sich anzuzünden. 

Wie der Rundfunksender NRK meldete, warfen sich Polizisten vor dem Gerichtsgebäude auf den Mann, von dem Rauch aufstieg. 

Er wurde in einem Krankenwagen abtransportiert. 


Ein Polizeisprecher bestätigte den Vorfall. 

Rettungsdienste hätten den Mann mit Verbrennungen ins Krankenhaus gebracht.

Der Mann habe sich am Dienstag mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet, sagte Polizeisprecher Finn Belle der Nachrichtenagentur AP. 

„Es waren Polizisten vor Ort, und das Feuer wurde schnell gelöscht”, sagte er. 

„Der Mann erlitt Brandverletzungen und wurde in das Osloer Universitätskrankenhaus gebracht.” 


BILD.de-Korrespondentin Ingrid Raagaard erlebte den Zwischenfall mit: 

„Es war gegen 14 Uhr, als es im Pressezentrum plötzlich nach Rauch roch. 

Alle Journalisten rannten aus dem Gebäude, etwa 200 Leute. 

Die Feuerwehr war da, der Mann wurde gerade mit dem Krankenwagen abtransportiert. 

Danach lag seine verbrannte Kleidung auf dem Bürgersteig. 

Währenddessen ging die Verhandlung im Gerichtssaal weiter, Überlebende sagten aus. 

Der gesamte Verkehr und das Gerichtsgebäude wurden gesperrt.“

So wie Ina Rangønes Libak (21). 

Sie durchlitt den schlimmsten Albtraum. 

Fünf Mal wurde sie von Breivik angeschossen. 

„Ich dachte, so ist es also, wenn man stirbt“, 

schilderte sie am Dienstag vor Gericht.


Es war der 19. Prozesstag gegen den Massenmörder – und die Anwesenden im Saal hörten der jungen Frau gebannt zu.

Die Studentin hatte am 22. Juli 2011 Küchendienst in der Cafeteria und spülte gerade ab, als das Massaker begann. 

Zusammen mit Freunden schob sie ein Klavier von der Wand, dann versteckten sie sich dahinter. 

„Wir dachten, die Schießerei ist nur draußen, und dass er hier nicht herkommen wird.“ 

Aber Breivik kam in die Cafeteria, tötete dort 14 Menschen und schoss u.a. von oben herab auch hinter das Klavier. 

Das Mädchen, das hier gemeinsam mit Ina Schutz gesucht hatte, starb, Ina überlebte.


„Ich kann mich an jeden einzelnen Schuss erinnern. 

Erst traf er meine Hände, es tat nicht weh, aber es war, als wären sie weg. 
Ich dachte, er habe meine Hände weggeschossen

Dann traf er mich im Gesicht und da dachte ich, okay, das ist schon schlimmer. 

Ich bekam einen Geschmack im Mund, wie ich ihn noch nie erlebt hatte, heute denke ich, der Geschmack stammte von der Kugel

Dann traf er mich in der Brust und da dachte ich: 

Jetzt stirbst du.“

Obwohl sie aus insgesamt fünf Schusswunden blutete, gelang es ihr, hinter dem Klavier hervorzukriechen und über den Gang zu flüchten. 

„Ich lief, aber eigentlich hatte ich keine Kontrolle über meinen Körper, überall lief Blut aus mir heraus. 

Ich schrie um Hilfe, aber alle liefen vorbei, sie hatten alle Panik in den Augen. 

Aber einer blieb stehen und sagte: 

‚Wir können Ina doch nicht allein lassen.‘ 

Er hob mich hoch und lief mit mir in den Wald. 

Noch nie habe ich jemanden erlebt, der so stark war und so schnell laufen konnte.“ 

Der Retter brachte Ina zusammen mit anderen Freunden in den Wald, nur wenige Meter neben dem Waldweg suchten sie sich ein Versteck.

„Die anderen zogen ihre Kleider aus, rissen sie zu Stofffetzen. 

Dann legten sie Steine auf die Wunden und machten so einen provisorischen Druckverband, um die Blutungen zu stoppen.  

Ich lag am Boden, dachte so ist es also, wenn man stirbt. 

Die Welt ist so schön, man kann sogar einen Wassertropfen auf den Blättern sehen.“ 

Aber ihre Freunde zeigten Optimismus und bauten Ina immer wieder auf.


Die kleine Gruppe Freunde hörte Breivik immer wieder schießen, eine Salve nach der anderen. 

Nachdem er am nur 20 Meter entfernten Pumpenhäuschen eine Gruppe von Jugendlichen getötet hatte, ging er über dem Weg zurück, neben dem Ina mit ihren Freunden Zuflucht gesucht hatten. 

„Wir blieben ganz still liegen, er ging direkt neben uns vorbei. 

Es war kein gutes Versteck, wenn er nur einmal den Kopf gedreht hätte, dann hätte er uns gesehen.“


Nach Breiviks Festnahme schleppten die Freunde die schwer verletzte Ina hinunter zum Ufer zu einem Rettungsboot. 

„Sie stolperten mit mir über Leichen, überall lagen Leichen. “

Staatsanwalt Holden bat die junge Frau ihre Verletzungen zu zeigen. 

Ohne Scheu zog sie am Halsausschnitt den Pulli nach unten und deutete auf eine Narbe unterhalb der Schulter. 

Dann zeigte sie eine lange Narbe am linken Arm und ihre vernarbte rechte Hand, die sie seit dem Schuss nicht mehr richtig bewegen kann. 

Außerdem deutete sie noch auf ihr Kinn. 

„Hier ging die Kugel in den Kiefer. 
Und hier war ein Streifschuss.“ 

Als Holden bemerkte, dass man kaum was erkennen kann, sagte Ida: 

„Ja, ich bin gut im Schminken geworden.“

Die junge Frau lag wochenlang im Krankenhaus und wurde fünf Mal operiert. 

Plastische Chirurgen konnten ihr Gesicht so gut behandeln, dass man die Schussverletzungen nur noch erahnen kann. Nach dem Krankenhausaufenthalt nahm sie ihr Studium wieder auf und erreichte alle Ziele, die sich gesetzt hatte. 

„Aber ich muss zugeben, dass es manchmal sehr hart war und ist. 

Es ist so traurig, dass so viele junge Menschen sterben mussten.“





 

 

 

 

 

 

 

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