Piraten News Dienstag, 15.05.2012
Piratenpartei
„Wir machen nicht auf Opposition“ - taz.de
Bernd Schlömer, Bundesvorsitzender der Piraten,
spricht über den Erfolg
in NRW und welche Rolle
seine Partei dort jetzt spielen will.
Er erklärt
auch, warum er kein Linker ist.
Link: http://www.taz.de/
Bild: dpa
Bernd Schlömer möchte sich als politischen
Hanseaten verstanden wissen.
taz:
zu erfolgreich
für eine Minderheitsregierung unter Beteiligung der Piraten.
Jetzt sind
Sie sicher traurig.
Bernd Schlömer:
Nein.
Die Piraten in Nordrhein-Westfalen werden dort,
wo es thematisch und inhaltlich sinnvoll ist, mit der rot-grünen Regierung stimmen.
Das galt für die Idee einer Minderheitsregierung,
das gilt auch jetzt.
Ich habe am Wahlabend Gespräche mit einigen Grünen führen können – und die stehen dieser Idee durchaus
offen gegenüber.
Ich gehe davon aus, dass kooperiert wird.
taz.
Sie gehen in die Opposition, ohne Opposition zu machen?
Bernd Schlömer:
Ja. Es wird zumindest keine richtige Opposition in jenen Punkten
geben, in denen die Piraten Ziele umgesetzt sehen möchten.
Das gilt vor
allem bei klassischen Piratenthemen, wo es etwa um Fragen von
Transparenz und Urheberrechten geht.
taz.
Das Selbstbewusstsein, mit dem Sie sich den Regierenden angedeihen, ist ja fast schon dreist.
Bernd Schlömer:
Wieso?
Wir sind eine gesellschaftliche
Strömung, die sich entschlossen hat, Partei zu sein, am Parlamentssystem
teilzunehmen und zu Wahlen anzutreten.
Dem entsprechend wollen wir
unsere Themen und Inhalte natürlich auch durchsetzen.
In dem sturen
Bekenntnis, eine Oppositionspartei zu sein, gewinnt dieses Anliegen
nichts.
Unsere Rolle folgt der Strategie, dass in der Politik wieder
stärker inhaltlich argumentiert werden soll.
taz:
Die
Piraten sind mit 7,8 Prozent der Stimmen in den Landtag eingezogen.
Trotzdem stehen Norbert Röttgen und die FDP im medialen Fokus.
War es
das jetzt mit dem Hype um Ihre Partei?
Bernd Schlömer:
Ich glaube
nicht, dass das den Piraten zum Schaden
gereichen wird.
Aber eines ist
richtig:
Die mediale Aufmerksamkeit, die die Piratenpartei in den
letzten Monaten erlebt hat, muss man sehr kritisch betrachten.
Ich frage
mich, ob die mediale Überzeichnung der Piraten uns wirklich so guttut.
Viele Mitglieder der Piraten werden meiner Meinung nach zum Opfer einer
Verwertungsindustrie, die lediglich die Quote zum Ziel hat. Auch die
Piraten sind keine Oberbescheidwisser. Wir sind vielleicht
Weltverbesserer und Menschenfreunde.
taz:
Was genau?
Bernd Schlömer:
Ich frage
mich, ob die mediale Überzeichnung der Piraten uns wirklich so guttut.
Viele Mitglieder der Piraten werden meiner Meinung nach zum Opfer einer
Verwertungsindustrie, die lediglich die Quote zum Ziel hat.
Auch die
Piraten sind keine Oberbescheidwisser.
Wir sind vielleicht
Weltverbesserer und Menschenfreunde.
taz:
Mich interessiert aber auch, wie der neue Bundesvorsitzende der Piratenpartei tickt.
Darf ich das nicht fragen?
Bernd Schlömer:
Doch natürlich.
taz:
Wer ist der Mann aus dem Verteidigungsministerium:
Sind Sie ein Soldat?
Bernd Schlömer:
Nein.
Ich
bin ziviler Beamter und arbeite im Bundesministerium
der Verteidigung.
Dort bin ich zuständig für die Betreuung der beiden
Bundeswehrhochschulen.
taz:
Sie waren aber mal Soldat?
Bernd Schlömer:
Ich habe Wehrdienst geleistet, ja.
taz:
Gibt es einen bestimmten Soldatentypus,
der Ihnen zusagt?
Bernd Schlömer:
Nein.
Ich
habe Soldaten in meiner beruflichen Karriere immer als ausgewogene und
kompetente Gesprächspartner, als Kollegen, auch als Bekannte oder
manchmal
Freunde kennengelernt.
Selbst bei den Piraten gibt es ja auch
einige engagierte Soldaten.
Ich würde den Status des Soldaten, wie Sie
ihn beschreiben, nicht überbetonen.
Soldaten sind zunächst mal als
Menschen ernst zu nehmen, die eine Aufgabe wahrnehmen.
Das gilt für
Soldaten genauso wie für Pädagogen,
Priester, Politiker oder
Journalisten.
taz:
Es gibt keinen Soldatentypus, der Sie schreckt?
Bernd Schlömer:
Nicht in
der Gegenwart.
Ich habe natürlich Angst vor einem Soldatentypus,
wie wir
ihn aus der historische Erfahrung des dritten
Reiches kennen.
taz:
Singen Sie gern die deutsche Nationalhymne?
Bernd Schlömer:
Nein. Ich habe sie auch noch nie gesungen.
taz:
Sie wollten früher auch mal Knastchef werden.
Tendieren Sie zum autoritären Charakter?
Bernd Schlömer:
Ganz und
gar nicht.
Sie haben da ein falsches Verständnis von Strafvollzug.
Ich
bin Anhänger eines klassisch-liberalen Strafvollzuges.
Als aufgeklärter
Kriminologe ist es mir ein Anliegen, mich dafür einsetzen, den
Straftäter im Vollzug adäquat auf ein künftiges Leben in Freiheit
vorzubereiten.
Das ist eine tolle und fordernde Aufgabe.
Als
Anstaltsleiter haben Sie viel Gestaltungsspielraum, wie sie die
Vollzugsbedingungen von Gefangenen gestalten können. Das hat mich
gereizt.
taz:
Sie wollen Knastparadiese?
Bernd Schlömer:
Darum geht
es nicht.
Es geht darum, den Strafvollzug so zu gestalten, dass er
zivilisiert ist und zugleich soziale Verantwortung lehrt, damit
Strafgefangene künftig ein straffreies Leben verbringen können.
Wenn ich
das sagen darf:
Ihre Frage ist tendenziös und missachtet Erkenntnisse
der modernen Strafvollzugswissenschaft.
Wenn Sie sich als linke Zeitung
beschreiben, stoßen Sie vielen – übrigens auch linken – Kriminologen mit
einer solchen
Frage nahezu das Messer in die Brust.
Diese Frage kann
man so nicht stellen.
Ich wollte auf etwas anderes hinaus:
Sie sind also doch ein Linker.
Bernd Schlömer:
Nein, ich
lehne das ab, mich in einem politischen
Spektrum einzusortieren.
Ich
finde das zu schematisch.
Ich bin ein liberal und tolerant handelnder
und
denkender Mensch.
taz:
Sie
haben sich in den letzten Jahren und vor Ihrer Wahl zum
Bundesvorsitzenden als ruhig, unterordnend und der Sache verpflichtet
präsentiert.
Das sind die Eigenschaften eines Parteisoldaten.
Bernd Schlömer:
Sie können
es versuchen, aber mit diesem Bild kommen Sie nicht sehr weit.
Ich
versuche, den Strukturen und Ideen der Partei als ihr Vorsitzender Rechnung zu tragen.
Das bedeutet für mich, zurückhaltend zu sein und
nicht sehr fordernd aufzutreten.
Es bedeutet auch, zu versuchen, keine
inhaltlichen Vorgaben zu formulieren, sondern koordinierend und positiv
auf die Genese der Meinungsbildung bei den Piraten zu wirken.
Wenn Sie
mich politisch beschreiben wollen, dann vielleicht am ehesten als einen
Hanseaten:
urban, weltoffen, tolerant und liberal.
Das ist aus meiner
Sicht auch das, wofür die Piraten stehen
Martin Kaul berichtet für die taz über die Piraten und twittert unter @martinkaul
Piratenpartei
http://www.youtube.com/
WDR Aktuelle Stunde - Piraten, die Neuen im Landtag zu NRW - 14.5.2012
Die Linken sind 'raus aus dem Landtag - und die Piraten drinnen: Mit sensationellen 7,8 Prozent und 20 Mandaten sind die Newcomer die fünfte Kraft im NRW-Par...
Die besten Kommentare
1. Das heißt der größte Landtag Deutschlands war
bisher nicht barrierefrei..?
Das nenn ich 'n Armutszeugnis.
2. Eine absolut sympatische Truppe!
3. Schade, dass das mit der Barrierefreiheit
erst ganz am
Ende kommt.
So wird es nur nebenbei erklärt und nicht
zum Hauptthema
gemacht.
4. Großes yay für unseren Stefan :)