News am Mittwoch, 16.05.2012.
tagesschau Mittwoch 17:50 Uhr
Glaubt man den aktuellen Schlagzeilen, hat in Düsseldorf eine
Gewaltorgie stattgefunden.
Sogar schärfere Gesetze werden bereits
gefordert - reflexartig.
Allen Beteiligten täte etwas weniger Hysterie
gut, denn das Relegationsspiel zwischen
der Fortuna und Hertha BSC war
keine "Horrornacht".
Von Patrick Gensing, tagesschau.de
Eine Schande für den Fußball, eine Katastrophe, die Horrornacht von
Düsseldorf - die meisten Medien überschlagen sich mit Superlativen, um
die Ereignisse beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und
Hertha BSC zu beschreiben, besser: hochzuschreiben.
Denn nüchtern
betrachtet fällt die Bilanz weit weniger dramatisch aus. Da wäre der
Polizeibericht, demnach es "weder vor, während noch nach dem Spiel zu
gravierenden körperlichen Auseinandersetzungen oder Gewalt" kam.
Klingt
eigentlich nicht nach einer Horrornacht.
Auch die Bilder von
tanzenden Kindern auf dem Rasen wollen so gar nicht zur medialen
Hysterie passen.
Kein Wunder, denn der Platzsturm in der 97. Spielminute
war kein geplantes Werk von irgendwelchen Gewalttätern, sondern eine
spontane Dummheit, die eine eigene Dynamik entwickelte, so wie es bei
Massenereignissen, die für viele Menschen einen hohen emotionalen Wert
haben, passieren kann.
Das ist bedauerlich, vor allem zunächst für die
Hertha, die möglicherweise bei einem regulären Verlauf noch das 3:2
erzielt hätte - und bedauerlich besonders auch für die Fortuna, die
wahrscheinlich erneut gegen die Berliner antreten muss - gerechterweise.
Bedauerlich
aber auch für die Deutsche Fußball Liga (DFL), denn die hatte die
Relegationsspiele erst vor wenigen Jahren wieder eingeführt.
Warum wurde
die Regelung überhaupt abgeschafft?
Weil viele Entscheidungsspiele
schlicht zu einem Getrete um den letzten Platz in der Bundesliga wurden -
für Clubs und deren Fans oft eine geradezu existentielle Angelegenheit.
2009
führte die DFL die Spiele wieder ein, um noch mehr Spannung und
Emotionen zu erzeugen.
Das ist gelungen, man stelle sich nur vor, die
Partie hätte Fortuna Düsseldorf gegen 1. FC Köln geheißen, auch FC St.
Pauli gegen HSV war über Wochen eine realistische Option.
Kurzum:
Wer
Emotionen schürt, um ein paar weitere Live-Spiele verkaufen zu können,
muss sich nicht wundern, diese Emotionen auch zu bekommen.
Und
auch das gehört zu diesem medialen Ereignis: Mitnichten ist es, wie
heute immer wieder behauptet wird, das erste Mal, dass feiernde (!)
Fans
kurz vor Spielende den Platz stürmten. Das ist bereits mehrfach
passiert, in Köln, St. Pauli und Duisburg beispielsweise.
In keinem
dieser Fälle, allesamt aus den 1990er Jahren, war danach von einer
Schande die Rede, angenehm unaufgeregt reagierten die Kommentatoren
damals. Davon kann heute keine Rede sein.
Und auch die maximale
Präsenz, die man den Ultras mit ihrem Feuerwerk einräumt, dürfte wohl
eher kontraproduktiv sein, denn die Pyros haben eine Eigenschaft, die
sie unter anderem so attraktiv machen:
Mit minimalen Aufwand (einer
Signalkerze) lässt sich ein ganzes Stadion einnebeln – und somit ein
maximaler Effekt erzielen. Wenn nun solche Aktionen noch medial dermaßen
aufgeblasen werden, potenziert sich die Wirkung ins Unermessliche.
Etwas
mehr Gelassenheit und Realitätssinn täte allen Beteiligten gut: Wir
haben gestern keine Orgie der Gewalt erlebt, sondern Fans, die sich zu
einer Dummheit hinreißen ließen.
Das ist etwas vollkommen anderes als
brutale Schlägereien, Überfälle, bei denen Menschen schwer verletzt
werden, wie zuletzt in Bremen und Bielefeld.
Wer dies alles in einen
Topf wirft, der macht den Fußball langfristig kaputt, denn dann werden
die Arenen endgültig zu Hochsicherheitstrakten ausgebaut.
Doch immer
mehr Repression ist keine Lösung, auch nicht beim Fußball.
Schuldenkrise
Kampf um die griechische Seele
Mittwoch, 16.05.2012 17:00 Uhr
Link: https://www.ftd.de/politik/europa/:schuldenkrise-kampf-um-die-griechische-seele/70038102.html
Die griechischen Neuwahlen werden zum Referendum über
den Euro – entscheidend wird sein, ob die Pro-Europäer oder die
Spargegner die Oberhand behalten.
Die Umfragen sehen den linken
Volkstribun Alexis Tsipras derzeit vorne.
Schon Giorgos Papandreou wollte es wissen.
Ein
Referendum über den Euro sollte dem angeschlagenen Premier die verlorene
Glaubwürdigkeit zurückgeben.
Er ließ den Plan fallen.
Mehr als
sechs Monate später steht Griechenland nun doch vor der Schicksalsfrage:
Die zweiten Wahlen innerhalb von sechs Wochen werden entscheiden:
Setzen die Griechen den linken Volkstribun Alexis Tsipras auf die
Siegerspur, wird der mit dem Nein zum Sparkurs auf Kollisionskurs mit
den Kreditgebern gehen.
Oder helfen sie der abgestraften Mitte wieder
auf die Beine, die zumindest im Grundsatz zu ihren Verpflichtungen
stehen?
Alles deutet darauf hin, dass
Tsipras mit seiner Koalition der Radikalen Linken (Syriza) stärkste
Partei wird.
Umfragen dieser Woche bescheinigen ihr ein Stimmungshoch
von rund 20 Prozent.
Diesen Triumph will der 37-jährige Senkrechtstarter
„sexy Alexi“ auskosten, koste es was es wolle.
Schon deshalb hat der
die verzweifelten Versuche zur Regierungsbildung von Präsident Karolus
Papoulias hintertrieben.
„Einige Parteien haben sich politisch für
Neuwahlen entschieden“, sagte der Chef der kleinen Partei Demokratische
Linke, Fotis Kouvelis.
„Sie hatten nur das Interesse der eigenen Partei
im Sinn.“
Schon Giorgos Papandreou wollte es wissen.
Ein
Referendum über den Euro sollte dem angeschlagenen Premier die verlorene
Glaubwürdigkeit zurückgeben.
Er ließ den Plan fallen. Mehr als
sechs Monate später steht Griechenland nun doch vor der Schicksalsfrage:
Die zweiten Wahlen innerhalb von sechs Wochen werden entscheiden:
Setzen die Griechen den linken Volkstribun Alexis Tsipras auf die
Siegerspur, wird der mit dem Nein zum Sparkurs auf Kollisionskurs mit
den Kreditgebern gehen.
Oder helfen sie der abgestraften Mitte wieder
auf die Beine, die zumindest im Grundsatz zu ihren Verpflichtungen
stehen?
Rein rechnerisch dürfte es den Linkspopulisten selbst mit dem
Siegerbonus schwer fallen, eine Mehrheit zu schmieden.
Dennoch werden
diese 50 Sitze für die stärkste Partei entscheidend sein, ob der Gegner,
ND-Chef Samaras, mit einem „Block der pro-europäischen Kräfte“ auch nur
die geringste Chance hat, das Ruder herumzureißen.
"Wir werden alles
ändern, wir machen einen neuen Slogan, einen neuen Wahlkampf", sagte ein
Parteisprecher.
Denkbar ist eine engere Zusammenarbeit mit der Pasok.
Auch einige pro-europäische liberale Parteien wollen sich
zusammenschließen, um die Drei-Prozent-Hürde zu nehmen und den Euro-Kurs
zu stützen.
Jeder fünfte Wähler will anders abstimmen als im Mai
Im Kampf um den Siegerbonus geht alles darum, die
Protestwähler in die Mitte zurück zu holen.
„Eine belastbare Mitte
bleibt die Voraussetzung, dass das Land regierbar ist“, sagt Vassiliki
Georgiadou, Professorin der Paneion Universität in Athen.
Laut einer
Umfrage des Instituts Kappa nach den Wahlen, sind immerhin 42 Prozent
der Griechen alarmiert über das Wahldebakel.
Ein einsetzender Sturm auf
die Banken zeugt von zunehmender Angst vor einem Euro-Exit, den doch 80
Prozent der Wähler verhindern wollen.
Jeder fünfte Wähler will nach
dieser Umfrage in der nächsten Runde anders wählen als noch vor zehn
Tagen.
Der Wahltermin wurde am Mittwoch nun
auf den 17. Juni festgelegt.
Die Übergangsregierung führt bis dahin der
höchste Richter des Verwaltungsgerichtshofes, Panagiotis Pikrammenos.
Der Vorschlag von Staatspräsident Karolos Papoulias, erneut den
Finanzexperten Lucas Papademos zu berufen, scheiterte am Widerstand der
kleineren Parteien.
Formell werden am morgigen Donnerstag die gerade
gewählten Volksvertreter vereidigt.
Aber dem neuen Parlamentspräsidenten
bleibt nur die Auflösung des Parlaments am Freitag oder Samstag.
Dann beginnt der Kampf um die griechische Seele.
„
Viel wird davon abhängen, ob das griechische Volk im nächsten Anlauf
mit Wut oder Leidenschaft wählt oder ob die Gemüter abkühlen, überlegen
und erkennen, was die wirklichen Alternativen sind“, sagte der
Politikwissenschaftler Theodore Couloumbis von der Stiftung Eliamep in
Athen.
Und um diese Erkenntnis zu fördern,
warnte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel:
„Das
griechische Volk muss sich bei seiner Entscheidung die Folgen klar vor
Augen halten.“
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schloss in
Berlin Neuverhandlungen über das europäische Hilfspaket aus.
Wolle das
Land in der Euro-Zone bleiben, müsse in Athen eine handlungsfähige
Regierung den eingeschlagenen Weg mitgehen, sagte der CDU-Politiker im
Deutschlandfunk.
„Jetzt muss Griechenland selber die Entscheidung
treffen.“
Nach NRW-Wahl:
Merkel wirft Röttgen raus - Altmaier wird Umweltminister:
Es war eine vernichtende Niederlage, di...
Link: http://t.co/cURTjH0G
© Bild: 2012 DPA/DPA/Bildfunk/Rainer Jensen
Es war eine vernichtende Niederlage, die Norbert Röttgen als Spitzenkandidat in NRW erlitten hat.
Die Konsequenz:
Merkel entlässt ihn als Minister.
Ein ungewöhnlicher Vorgang, denn noch nicht einmal der Schein eines Rücktritts aus eigenem Antrieb wird gewahrt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am
Mittwochnachmittag Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) aus dem
Amt entlassen.
Sein Nachfolger werde der Parlamentarische
Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Altmaier (CDU).
Das teilte Merkel in einer kurzen Erklärung vor der Hauptstadtpresse
mit.
Sie habe den Bundespräsidenten gebeten,
Röttgen von seinem Amt zu entbinden, sagte Merkel.
Ein Neuanfang im
wichtigen Umweltministerium sei notwendig.
Das Amt verlange wegen der
zentralen Bedeutung der Energiewende "große Anstrengungen".
Der Vorgang
ist ungewöhnlich, weil Merkel nicht einmal öffentlich den Anschein
wahrte, Röttgen sei aus eigenen Stücken zurückgetreten.
Sie dankte ihm
"für sein großes klimapolitisches Engagement", machte aber deutlich,
dass sie ihn nach der Niederlage in NRW nicht mehr für fähig hält, das
Amt adäquat auszufüllen.
Nachfolger Röttgens
werde Altmaier.
Merkel sagte, sie schätze ihn wegen "seiner bisherigen
Arbeit".
Vor ihm liegt unter anderem die Aufgabe, die von Röttgen auf
den Weg gebrachte Kürzung der Solarförderung durch den Bundesrat zu
bringen.
Dort ist bislang keine Mehrheit absehbar.
Röttgen
hatte als Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen mit nur 26,3 Prozent
das schlechteste Ergebnis der CDU in dem Bundesland überhaupt erzielt.
Danach war er in der Union massiv kritisiert worden.
Das Verhältnis zwischen Merkel und Röttgen blieb
in den vergangenen Jahren stets zwiespältig.
Einerseits galt er als
begabter Politiker, dem zugetraut wurde, einst Merkel als Kanzler
nachzufolgen.
In Berlin hatte er den Spitznahmen "Muttis Klügster".
Er
personifizierte die schwarz-grüne Machtoption, die sich Merkel offen
halten wollte, und galt als moderner Vertreter seiner Partei.
Allerdings
verärgerte er Merkel auch mehrmals heftig.
So wollte er 2006
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)
werden, gleichzeitig aber sein Bundestagsmandat behalten. Auf den
BDI-Posten verzichtete er nach heftiger Kritik, obwohl er schon gewählt
worden war.
2009 versuchte er dann, Volker
Kauder vom Posten des Fraktionsvorsitzenden zu verdrängen.
Diesen Plan
gab er auf, nachdem in der Presse von Putschversuch die Rede war.
Beide
Vorgänge hatte ihm Merkel zwar öffentlich nie nachgetragen. Es ist aber
davon auszugehen, dass sie sie auch nicht vergessen hat.
"Bedauerlicher" Versprecher
Unmittelbar nach der NRW-Wahlschlappe
hatte Röttgen bereits seinen Posten als CDU-Landesvorsitzender
abgegeben.
Auch aus der Union war er kritisiert worden, weil er sich
nicht bereit erklärt hatte, im Falle einer Niederlage auch
Oppositionsführer in NRW zu werden.
Zuletzt hatte ihn deswegen der
CSU-Vorsitzende Horst Seehofer in einem ZDF-Interview scharf
angegriffen.
Röttgen war im NRW-Wahlkampf
immer wieder in die Bredouille geraten, wenn er gefragt wurde, ob er
auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf kommen und sein Amt als
Bundesumweltminister aufgeben werde.
Eine klare Antwort vermied er stets
mit dem Hinweis, er wolle Ministerpräsident werden.
Dieses Verhalten
war auch innerhalb der Union als "Notausgang nach Berlin" interpretiert
worden.
Das sei ein "ganz großer Fehler" gewesen, sagte etwa am Montag Bayerns
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in einem Fernsehinterview.
Röttgen hatte sich selbst in einem TV-Interview vor der Wahl
verplappert, als er sagte, "bedauerlicherweise" bestimme in NRW nicht
die CDU den Ministerpräsidenten, sondern die Wähler.
Röttgen hatte sich zudem im Zuge der Atomwende
immer wieder Scharmützel auch mit der eigenen Fraktion, vor allem mit
dem Wirtschaftsflügel geliefert.
Zuletzt war es ihm auch im Bundesrat
nicht gelungen, seine Pläne zur Kürzung der Solarförderung
durchzusetzen.
Mehrere ostdeutsche CDU-Ministerpräsidenten hatten sich
gegen sein Vorhaben gewandt.
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