Duda News Donnerstag, 24.05.2012
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gelesen um 15:20 Uhr
Die Wahrheit schlichter Mathematik - taz.de
Die
Wahrscheinlichkeit eines Atomunfalls ist 200-mal höher als bislang
angenommen.
Weltweit am meisten gefährdet ist der Südwesten
Deutschlands.
Link:
http://www.facebook.com/l.php?u=http%3A%2F%2Fwww.taz.de%2F%2194005&h=rAQGXtc2xAQGfHDxs9urBH0b3nImHXoBJVe19ep6LAgyIzwGedenksteine für die Tschernobyl-Opfer in Kiew. Bild: dpa
BERLIN taz
| Millionen Menschen im Südwesten Deutschlands wären betroffen:
Wer in
der Nähe der Landesgrenzen zu Belgien
und Frankreich wohnt, muss damit
rechnen, in
den kommenden 50 Jahren Opfer einer atomaren Kernschmelze in
seiner Nähe zu werden.
Wegen der hohen Meilerdichte ist die Gefahr
hier
weltweit am höchsten.
Global ist ein Super-GAU theoretisch
sogar alle
10 bis 20 Jahre möglich.
Das sagen nicht etwa
Hardcore-Atomkritiker,
sondern das renommierte Mainzer
Max-Planck-Institut für Chemie – in einer jüngst
im Fachblatt Atmospheric Chemistry and Physics veröffentlichten Studie.
Die Untersuchung beruht auf schlichter
Mathematik: „Nach Fukushima habe ich mich gefragt, wie groß die
Wahrscheinlichkeit ist, dass ein solcher Unfall wieder passiert“, sagt
Institutsleiter Jos Lelieveld.
Sein Team teilte die Laufzeit aller 440
weltweit aktiven AKWs durch die Zahl der bisherigen Kernschmelzen.
Ergo:
Bei einer Reaktorenlaufzeit von
insgesamt
14.500 Jahren sowie vier Kernschmelzen –
eine in Tschernobyl
und drei in Fukushima –
ergibt sich:
Alle 3.625 Reaktorjahre kommt es
zum größten anzunehmenden Unfall, dem GAU.
Selbst wenn man konservativ
auf einen GAU
pro 5.000 Reaktorjahre aufrundet, liegt das Risiko
damit
200-mal höher, als offizielle US-Schätzungen
im Jahr 1990 ergaben.
Bedrohlich für Ballungsräume
„Wenn wir Fukushima nur als einen GAU
betrachten, verringert
sich das Risiko um die
Hälfte“, sagt Lelieveld.
Damit begegnet er
potenzieller Kritik von
Atomfreunden, die Unfallserie nach dem Tsunami
im März 2011 einzeln einberechnet zu haben.
Die Atmosphärenchemiker
erforschten zudem,
wie sich die radioaktive Belastung nach einem
GAU
verteilt.
Demnach würde die Hälfte des
radioaktiven
Cäsium-137 mehr als 1.000 Kilometer, ein Viertel
weiter als
2.000 Kilometer transportiert –
bedrohlich für Ballungsräume mit AKWs
auch
in weiterer Entfernung wie Westeuropa.
Der Atomsicherheitsexperte Wolfgang
Renneberg
hält die Studie für verdienstvoll:
„Wenn es ein
Max-Planck-Institut sagt, hat es
eine höhere Durchschlagskraft, als wenn
es
Greenpeace sagt“, sagt Renneberg, früher Abteilungsleiter im
Bundesumweltministerium.
Selbst wenn Atombefürworter die Aussagen für
deutsche Anlagen anzweifelten, gelte:
„Es gibt AKWs auf der Welt, die
viel schlechtere Sicherheitswerte haben.“
„Schlimmer als in Japan“
Handlungsbedarf sieht er aufseiten der EU: Sie müsse dafür
sorgen, „dass das Risiko schnellstmöglich beseitigt wird“. Denn: „Wenn
es hier passiert, ist es schlimmer als in Japan, das vom Meer umgeben
ist.“ In Westeuropa wären pro GAU im Schnitt 28 Millionen Menschen von
einer Kontamination mit mehr als 40 Kilobecquerel pro Quadratmeter
betroffen.
Die Energiewende mindert das Risiko für
Deutschland kaum: „Der Ausstieg aus der
Kernenergie verringert zwar das
nationale Risiko
einer radioaktiven Verseuchung“, sagt Studienleiter
Lelieveld.
„Deutlich geringer wäre die Gefährdung,
wenn auch
Deutschlands Nachbarn ihre
Reaktoren abschalteten.“
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