Breivik Prozess
Prozesstag 25 in Oslo.
25.05.2012
Nach Massaker mit 69 Toten auf Utøya
Polizei: Breivik wollte nach der Festnahme ein Pflaster
Link:
Foto: Reuters
Nach seiner Festnahme hatte Massenmörder
einen kleinen Kratzer am
Finger.
Deshalb wollte er von den Polizisten ein Pflaster haben
Von INGRID RAAGAARD
Oslo –
Kaum war Massenmörder Anders Behring Breivik (33) auf Utøya
festgenommen worden, machte er sich auch schon große Sorgen um sich
selbst. Der Killer hatte einen kleinen Kratzer am Finger – deshalb
verlangte er von der Polizei ein Pflaster!
Aber da war er an den Falschen geraten.
Polizeimeister Håvard Gåsbakk
(38) schaute ihn kopfschüttelnd an und sagte:
„Wir haben Wichtigeres zu
tun.
Neben dir liegen zwei Leichen, da drüben jede Menge
Verletzte.
Von
mir bekommst du jedenfalls kein Pflaster.“
Am 25. Prozesstag
sagten fünf Polizisten vor Gericht aus.
Sie waren bei der Festnahme
beteiligt, verhörten den Massenmörder noch auf Utøya bis 4 Uhr morgens.
Als
Gåsbakk davon berichtete, dass er das Pflaster verweigert hatte,
konnten sich mehrere Zuschauer im Gerichtssaal ein Grinsen nicht
verkneifen.
Überhaupt schien Breivik nach seiner Festnahme in erster Linie an seinem eigenen Wohl interessiert gewesen zu sein.
Der Verhörleiter – ein 33-jähriger Spezialist der Polizei, der aus
Sicherheitsgründen anonym bleiben muss – konnte Ähnliches berichten.
„Wie brachten ihn ins Haupthaus auf der Insel, dort hatte er erst Angst,
dass wir ihn nun erschießen.
Als wir ihm das ausgeredet hatten, sagte
er, er würde sowieso bald sterben, er habe einen 'E-Stack' genommen und
würde dehydrieren und sterben.“
Der Verhörleiter hatte noch nie etwas von einem 'E-Stack' gehört.
Er
erkundigte sich bei den Ärzten, die auf der Insel den Schwerverletzten
halfen.
Über Google erfuhr man schließlich, dass es eine Art
Energiepulver oder Anabolika ist.
„Man stirbt davon nicht, wenn man
etwas trinkt.
Also brachten wir ihm Limo und sagten ihm, dass er nicht
sterben wird.
Aber dann wollte er auch noch ein Pflaster für seinen
Finger.
Es war ein ganz kleiner Kratzer, die Situation war wirklich
merkwürdig.
Er meinte, er könne nur so und so viel Blut verlieren, also
bekam er das Pflaster.“
Bizarr wurde es, als die Kriminaltechniker kamen.
Sie machten
Fotos von Breivik – gegen seinen Willen.
Breivik musste sich bis auf die
Unterhose ausziehen, die gesamte Kleidung wurde für kriminaltechnische
Untersuchungen in Plastiktüten verpackt.
„Als er dann in Boxershorts vor
uns saß, wollte er auf einmal fotografiert werden.
Und zwar in
Bodybuilder-Pose.“
Ansonsten verlief die Festnahme undramatisch.
Breivik legte sich wie
befohlen auf den Boden, rief der Polizei zur Beruhigung zu:
„Ich tu euch
nichts, ihr seid meine Brüder.“
Allerdings behauptete er
anschließend stundenlang, dass er nur einer von drei „Zellen“ sei.
Die
Polizei bewegte sich in ständiger Angst vor Mittätern auf der Insel –
die Rettungsarbeiten wurden so unnötig erschwert.
Auch die Polizei
selbst war von mehreren Tätern überzeugt.
„Wenn man sich so umschaute
und all die Toten und Verletzten sah, konnte man nicht glauben, dass
dieses ganze Unheil von nur einer Person angerichtet worden war.“
Zu Beginn des Prozesstages hatte Adrian Precan (21) als Letzter der verletzten Überlebenden von Utøya ausgesagt.
Breivik hatte Adrian an der Südspitze der
Insel im Visier, verschonte ihn jedoch.
Dabei schrie er laut:
„Jetzt
werdet ihr sterben.“
Er tötete rechts und links von Adrian Jugendliche,
aber als er ihn im Visier hatte, senkte er sein Gewehr.
„Ich hatte
direkt in den Gewehrlauf geschaut,
und gedacht, dass er mich jetzt
töten wird.
Es war, als wäre ich innerlich gestorben.“
Breivik
hat selbst in seiner Aussage vor Gericht erklärt, dass er damals fand,
Adrian würde nicht „wie ein Marxist, sondern eher wie ein
Rechtsradikaler“ aussehen.
Erst als Breivik am Ende des Massakers kurz
vor seiner Festnahme ein zweites Mal zur Südspitze kam, schoss er auf
Adrian und traf ihn an der Schulter.
Nach Adrians Aussage äußerte
Breivik erneut einen seiner menschenverachtenden Kommentare.
„Ich konnte
mich nicht erinnern, dass ich etwas
gerufen habe.
Aber jetzt kann ich
mich wieder erinnern.
Es handelte sich jedoch nicht um emotionale Rufe.
Es waren taktische Ausrufe in einem psychologisch durchdachten Angriff,
um die, die schwammen, zu demoralisieren.
Ich wollte damit die Chance,
dass alle ertrinken, erhöhen.“
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