Piraten News Freitag , 25.05.2012
Piratenpartei
Die alte und die neue Welt –
Bernd Schlömer trifft Henry Kissinger | Flaschenpost
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Henry
Kissinger ist ein Politiker, der von seinen
Gegnern mehr gehasst als
von den eigenen
Anhängern geliebt wird.
Der promovierte
Politikwissenschaftler begann
in den späten 50-er Jahren seine
politische Karriere.
Zuerst als Berater von Gouverneur Rockefeller,
später im Präsidentestab von Kennedy, ...
Henry Kissinger ist ein Politiker, der von seinen
Gegnern mehr gehasst
als von den eigenen
Anhängern geliebt wird.
Der promovierte
Politikwissenschaftler begann
in den späten 50-er Jahren seine
politische Karriere.
Zuerst als Berater von Gouverneur Rockefeller,
später im Präsidentestab von Kennedy, Johnson
und Nixon. Kissinger galt
von Anfang an als
strammer Antikommunist.
Dennoch war er es, der die
Entspannungspolitik
mit China und die Rüstungskontrolle mit der UdSSR
begründete.
1973 wurde Kissinger Aussenminister der USA.
Im selben Jahr
bekam er den Friedensnobelpreis
für seine Friedensvermittlungen im Krieg
gegen
das damalige Nordvietnam.
Im Jahr 1973 putsche allerdings auch
das Militär
in Chile gegen die demokratisch gewählte Regierung.
Kissinger wird nachgesagt die Putschisten logistisch, finanziell und
materiell unterstützt zu haben.
Beim blutigen Putsch in Argentienien
stellte er
den Militärs amerikanisches Stillhalten in Aussicht.
Nach
seinem Ausstieg aus der aktiven Politik 1977
blieb Kissinger ein Mann
mit öffentlicher Aufmerksamkeit.
Er selbst behielt das politische
Treiben im Auge.
Nun ist er auf die Piratenpartei aufmerksam geworden
und suchte das Gespräch mit Bernd Schlömer.
Für die Flaschenpost
berichtet Bernd von dem
Treffen mit dem Mann, der einmal als der
mächtigste Mann der Welt galt.
U.S. Department of State, public domain
Bernd, du hattest dich mit Henry Kissinger
getroffen.
Wie kam es dazu?
Bernd:
Die stv. Chefredakteurin
der WELT hatte mir
(und weiteren Piraten) ein Email gesendet.
Sie fragte
mich in dem Schreiben, ob ich bereit
sei, mich mit Henry Kissinger in
Berlin zu treffen.
Henry Kissinger suchte das Gespräch mit dem
Vorstand der dt. Piratenpartei?
Sind wir in den USA so bekannt?
Bernd:
Es sind in den USA
mehrere Zeitungsartikel über
die Piratenpartei erschienen, darunter
mehrfach
in der New York Times.
Wolfgang Dudda hatte mir berichtet, dass
amerikanische Journalisten auf die Nord-Piraten zugekommen waren und
entsprechende
Interviews gegeben wurden.
Ich selber habe mit einem
Journalisten der
Los Angeles Times gesprochen.
Flaschenpost:
Du hattest dieses Treffen via Twitter angekündigt.
Es gab im Vorfeld viel Kritik. Hattest du das erwartet?
Bernd:
Ja und Nein.
Henry Kissinger ist nicht umunstritten.
Er hat die
Weltpolitik in den vergangenen
Jahrzehnten geprägt – sowohl im Guten als
auch im Schlechten.
Ihm werden beispielsweise schwere Unrechtstaten
in
verschiedenen Staaten zur Last gelegt, für die er
die politische
Verantwortung tragen soll.
Mir war wichtig, dass die Öffentlichkeit um
den
Termin weiß.
Flaschenpost:
Kannst Du mit ein bis zwei Argumenten belegen,
warum das Treffen für die Piraten trotz Kritik
wichtig ist?
Bernd:
Als Vorsitzender habe ich
die Aufgabe,
die Außendarstellung der Piratenpartei vorzunehmen.
Dieses
sollte sachlich und unaufgeregt erfolgen
und sich an den Grundsätzen
des Programms orientieren.
Aus der Teilnehmerliste und einer vagen
Vorankündigung wusste ich, dass das Thema Urheberrecht eine zentrale
Rolle spielen sollte.
Andere Parteien waren eingeladen; auch Vertreter
aus Wissenschaft und Kultur.
Mir schien es wichtig, auch die Position
eines unerschrockenen Piraten zu vertreten.
Flaschenpost:
Worüber habt ihr denn gesprochen?
Bernd:
An dem Gespräch haben Führungskräfte des Axel-Springer-Verlages teilgenommen sowie
u.a. folgende Personen:
- Thierry Chervel, Er ist Mitbegründer des Perlentauchers, einem deutschen Onlinemagazin
- für Literatur und Kultur.
- Christian Lindner, MdB (FDP) und zukünftiger Fraktionsvorsitzender in NRW.
- Günter Krings,MdB (CDU).
- Elisabeth Ruge, gilt als eine der
- einflussreichsten und angesehensten
- Lektorinnen in Deutschland.
- Constanze Stelzenmüller, Juristin, Politikwissenschaftlerin und Publizistin,
Bernd Schlömer |
CC-BY 2.0 Tobias M. Eckrich
Das Gespräch hat ungefähr 90 Minuten betragen.
Als Themenschwerpunkte können
- die politische Lage der USA vor den US-Wahlen
- die Chancen von digitaler Beteiligung
- die Reform des Urheberrechts benannt werden.
Flaschenpost:
Wie wertest du Kissingers Interesse an den Piraten?
Bernd:
Er hat konkretes Interesse an der Piratenpartei.
Er bezweifelt, dass es
gelingen kann, politische
Partizipation über digitale
Kommunikationsintrumente
zu erreichen.
Nach seiner Auffassung müsste
zunächst eine
solide Position und Struktur definiert werden, ehe
eine
politische Kraft an der politischen
Meinungsbildung teilhaben kann; ein
klassischer top-down-Ansatz.
Ich habe auf “bottom-up” abgestellt.
Henry Kissinger, 2008 |
CC-BY-SA 2.0
World Economic Forum,
Photo by Norbert Schiller
Flaschenpost:
Welchen Eindruck hast du über ihn gewonnen?
Bernd:
Es ist kein Problem, ihm
zu widersprechen.
Er spricht Englisch, die Anwesenden Deutsch.
Letztlich
konnte ich aber keine überbordene
Weisheit in seinen Äußerungen zu
(welt-)politischen Lage identifizieren.
Manchmal hatte ich den Eindruck,
dass seine Äußerungen den lebensalter-gleichen
deutschen Politikern
gleichen.
Letztlich ist er aber geistig rege und neugierig
auf
Positionen.
Flaschenpost:
Gab es Fragen die du für dich selbst
ausgeschlossen hast?
Bernd:
Nein, ich hätte und habe jede Frage beantwortet.
Fragen an ihn hatte ich nicht.
Flaschenpost:
Gibt es Fragen, auf die Herr Kissinger nicht
antworten wollte?
Bernd:
Nein, Henry Kissinger hat
auf jede Frage und
jeden Kommentar reagiert.
An der am Anfang recht
emotional geführten
Diskussion ums Urheberrecht hat er sich aber
nicht
beteiligt und nur den verschiedenen
Argumenten gelauscht.
Er spielte in
dieser Phase des Gesprächs
keine Rolle mehr.
Flaschenpost:
Hast Du das Thema Bradley Manning mit
Herrn Kissinger
besprochen?
Wie ist seine Einstellung zum Whistleblowerschutz
und will
er sich dafür und für Bradley einsetzen?
Bernd:
Neben den drei schon
angesprochenen
Haupttehmen haben wir – wenn auch nur kurz –
über die
Bedeutung von Transparenz gesprochen.
Wir redeten über Transparenz und
deren Bedeutung. Kissinger findet Transparenz blöd; sagt es auch
deutlich.
Regierungshandeln könne nicht vollkommen transparent sein; er
macht indirekt auf Wikileaks aufmerksam und dessen nichtakzeptabele
Verbreitungspraxis..
Da sind wir nicht einer Meinung – ein Punkt,
bei
dem er offensichtlich aber nicht zu
überzeugen ist.
Vielen Dank für den Bericht
geschrieben von: Michael Renner
geschrieben am: 25.05.2012 um 14:30 Uhr
abgelegt unter: Internationales
getaggt mit: Henry Kissinger
geschrieben am: 25.05.2012 um 14:30 Uhr
abgelegt unter: Internationales
getaggt mit: Henry Kissinger
Direkte Demokratie:
Und am Ende sind sie dagegen
Gestern wurde im Landtag ueber eine Stärkung
der direkten Demokratie
diskutiert.
Die Erdrückende Mehrheit im Landtag war dagegen.
Ich hätte
mir ein anderes Ergebnis gewünscht.
Vorgestern fand die zweite Lesung eines Gesetzesentwurfes der Grünen
zur Stärkung
des Volksbegehrens in Bayern statt.
Die Grünen forderten
dabei, dass ein Volksbegehren zukünftig nicht nur über Gesetze sondern
auch über Sachentscheidungen sowie über Staatsverträge
möglich sein
soll.
Darüber hinaus sollte klar gestellt werden, dass nur
über den
Haushalt direkt keine Volksbegehren
möglich sein sollen, über
haushaltswirksame Gesetze durchaus.
Als dritte Maßnahme sollte das
Quorum für einen Volksentscheid von zehn Prozent auf fünf Prozent
der
Bevölkerung gesenkt werden.
Alles sinnvolle Forderungen und eigentlich auch
immer wieder Dinge,
die von anderen Parteien
gerne gefordert werden.
Umso erschreckender ist
es, welche Beschlussempfehlungen
die Mitglieder der
Einzelnen Parteien dem Plenum gegeben haben:
CSU,
Freie Wähler und FDP geschlossen dagegen.
Die SPD enthält sich. Alle
Parteien außer die Grünen zeigen damit, was sie wirklich von mehr
Bürgerbeteiligung und mehr Direkter Demokratie halten:
Nichts.
Diese Mehrheiten zeigen auch deutlich, wie die sogenannte
Dreier-Konstellation, mit der Herr
Ude die CSU aus der Regierung jagen
will,
eben in vielen Punkten wirklich zu einander stehen:
Auf
unterschiedlichen Seiten der selben Linie.
Dabei klingt so manches Wahlprogramm
noch ganz anders.
So stand bei der SPD im Jahre 2008:
Eine SPD-geführte Staatsregierung wird … die Bürgerinnen und Bürger zur
Einmischung in
den Willensbildungsprozess ermuntern und
die Instrumente
der unmittelbaren Demokratie
in Bayern stärken und ausbauen.
Die
Schwellen für die Zulassung von Volks- und Bürgerbegehren müssen gesenkt
werden.
Abstimmungen sind Teil der
Demokratie
Bild: André Walter – CC-BY
Da wirkt die Enthaltung zu dem Gesetz wie
blanker Hohn.
Noch
spannender ist die Meinung von Winfried Bausback (CSU), der im Plenum
sinngemäß sagte,
dass ein Volksbegehren initiiert durch das Parlament
bedeutet, dass sich die Parlamentarier aus ihrer Verantwortung stehlen
würden.
Mehr Demokratie ist für die CSU scheinbar
Verantwortungslosigkeit.
Dabei wäre mehr Demokratie in Bayern wirklich notwendig, denn die
derzeitigen Hürden für ein Volksbegehren sind riesig und kaum zu stemmen
–
die Zeichen der Zeit stehen aber auf mehr Teilhabe
aller Bürger.
Dass
ein Miteinbeziehen der Bürger und ein Volksentscheid auch Situationen
befrieden kann,
zeigt der Streit um Stuttgart 21. Klar haben die
Gegner
dort verloren, aber erst durch den Volksentscheid hatten sie überhaupt
eine faire
Chance auf Teilhabe.
Das Beispiel zeigt vor allem:
Teilhabe befriedigt.
Auch wenn ich am
Ende des Prozesses als
Verlierer da stehe.
Denn die meisten Menschen
sind vernünftig und akzeptieren auch Entscheidungen, wenn sie das
Gefühl
hatten, dass der Prozess zu der Entscheidung fair und transparent war.
Dass die Parteipolitiker in Bayern überwiegend
unsere demokratischen
Prozesse nicht so
gestalten wollen zeigt, wie nötig neue
Mehrheiten
sind.
Und diese sind jenseits von CSU, FDP,
Freien Wählern und scheinbar
auch
der SPD.
Hinweis: Dies ist ein Kommentar von
Benjamin Stöcker
und stellt nicht
notwendigerweise die Meinung des ganzen
Landesverbandes dar.
Es können Mitglieder des Landesverbandes Kommentare
einreichen.
Wie erfahrt ihr bei der SG Digitale Medien.
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