Piraten News Montag, 06.08.2012
Piratenfraktion Sachsen wurde auf Piratenpartei Deutschland - Landesverband Sachsens Foto markiert.
Piratenpartei[Ben]
Nach
welchen Kriterien arbeitet der
Verfassungsschutz bei der Bespitzelung
von Oppositionsparteien?
Zum dem Thema findet gerade auch eine
Abstimmung in LiquidFeedback statt:
Bild: dpa
Wird hier
der linksradikale Nachwuchs
herangezüchtet?
Grünen-Fraktionschefin
Rebecca Harms
(2. v. l.) verlegt 2001 mit der Grünen Jugend
Rollrasen
vor dem Landtag in Hannover.
HANNOVER taz
|
Mit dem Fall des niedersächsischen
Grünen-Politikers Jan Wienken, den
der Verfassungsschutz seit Jahren beobachtet,
wächst die Kritik an der
Behörde von
Niedersachsens Innenminister
Uwe Schünemann (CDU).
Die
Fraktionen von SPD, Grünen und
Die Linke sprechen von einem Skandal
und fordern eine Unterrichtung des Verfassungsschutzausschusses sowie
Akteneinsicht.
Politische Wegbegleiter des 25-jährigen
Landtagskandidaten beantragen bei der
Behörde nun Auskunft darüber, ob
man auch
über sie Akten führt.
„Rechnen muss man offenbar mit allem“,
begründet diesen Schritt etwa Gregor Möllring,
Sohn von
CDU-Finanzminister Hartmut Möllring
und wie Wienken einst Landessprecher
der
Grünen Jugend, heute im Grünen-Landesparteirat.
Helge Limburg,
Grünen-Rechtspolitiker im Landtag,
rät gar „jedem politisch Aktiven aus
dem linken Spektrum, ein Auskunftsersuchen zu stellen,
damit zumindest
die Dimension der Beobachtung
dieses Spektrums deutlich wird“.
Bekannt – und umstritten – war bislang, dass
der Verfassungsschutz seit Schünemanns
Amtsantritt 2003 die Linkspartei
samt ihren Abgeordneten beobachten lässt.
Dass mit Wienken auch Grüne
als vermeintliche Linksextremisten im Fokus stehen, wurde
vergangene
Woche öffentlich.
Gegen ihn liege ein Platzverweis von 2006 vor,
teilte
man Wienken auf Anfrage mit, außerdem
die Teilnahme an Protestaktionen
2008 und 2011.
Letzteres bestreitet Wienken (siehe Interview):
Während der Demo 2011 sei er bei einer Parteiveranstaltung gewesen.
Auskunft über zur Person gespeicherte Daten
muss Niedersachsens Verfassungsschutz laut § 13
des Verfassungsschutzgesetz des Landes erteilen.
Ein formloses Schreiben reicht, Briefentwürfe gibt
es auch im Netz unter www.datenschmutz.de/cgi-bin/auskunft.
88 Auskunftsersuchen haben Niedersachsens Verfassungsschützer 2011 beantwortet, zu 59
gab es keine Daten.
Dem Großteil der Beobachteten wurde auf
ihre
Anfrage nur ein Teil der Überwachungsergebnisse mitgeteilt:
Von 29
Betroffenen erhielten nur sieben
die kompletten gesammelten Daten, in
einem Fall
wurde alles zurückgehalten.
Für vollständigen Einblick kann man nach § 13
Absatz 3 des Verfassungsschutzgesetzes den Landesdatenschutzbeauftragten einschalten
oder klagen.
Einen „Widerspruch“ sieht selbst
Verfassungsschutz-Sprecherin
Maren Brandenburger.
Ob Wienken an der
Aktion 2011 teilgenommen hat
oder nicht, sei aber „nicht erheblich“:
Brandenburger verweist auf „weitere Erkenntnisse“,
die die Beobachtung
rechtfertigen, nennt aus Datenschutzgründen aber keine Details.
Dabei,
betont sie, gehe es nicht um Wienken
als Mitglied der Grünen oder der
Grünen Jugend, sondern um linksextremistische Gruppen, in
denen Wienken
sich bewege.
„Überschneidungsbereiche“ zwischen
Grüner
Jugend und Autonomen, wie
Brandenburger es nennt, vermutet ihre Behörde
indes schon länger: 2011 gerieten in Hannover Jugendliche ins Visier,
die mit Hausbesetzungen
ein selbst verwaltetes Jugendzentrum forderten,
darunter auch Minderjährige aus der
Grünen Jugend.
Grünen-Politiker
Limburg nennt das „eine Frechheit
und juristisch nicht begründbar“.
Eine
Hausbesetzung könne „ein Rechtsverstoß
sein, ein verfassungsfeindlicher
Akt ist sie nicht“. Brandenburger sieht das anders:
Wer sich im
„Überschneidungsbereich“ betätige,
„läuft eben Gefahr, beobachtet zu
werden“.
Schünemann erklärte zur Beobachtung der Hausbesetzer, auch das
Schaffen
„herrschaftsfreier Zellen“ seien „Bestrebungen
gegen die
freiheitlich-demokratische Grundordnung“.
Sigrid Leuschner von der SPD fordert
Schünemann unterdessen auf, offenzulegen,
nach welchen Kriterien sein
Verfassungsschutz Personen als linksextremistisch einstuft.
„Die bloße
Anwesenheit bei öffentlichen Veranstaltungen, an denen auch autonome
Gruppen teilnehmen, kann ja wohl nicht
ausreichen“, sagt sie.
Ob Schünemann das ad hoc ausführen kann,
ist fraglich:
Für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage
Limburgs zu
Widersprüchen im aktuellen Verfassungsschutzbericht erbat er sich jetzt
bereits die zweite Fristverlängerung.
Limburg fragt etwa nach konkreten
Fakten,
warum der Bericht militante Tierschützer
und
Anti-Castor-Initiativen als
verfassungsfeindlich einstuft.
Darüber ist man sich im
schwarz-gelben Kabinett
offenkundig
uneins:
Mit „umfangreichen
Abstimmungen innerhalb der
Landesregierung“,
erklärt das Innenministerium die Verzögerung.
Wäre der
Bericht „fundiert und gründlich recherchiert“, hält Limburg dem
entgegen, „hätte die Antwort eigentlich innerhalb einer Woche kommen
müssen“.
Piratenpartei Thüringen hat
Flexi Bells Foto geteilt.
Piratenpartei Thüringen hat
Global Informers Foto geteilt.
Piratenpartei Thüringen und Piratenpartei
Link:
Piratenpartei Thüringen und Piratenpartei
Von: Anonymous
Piratenpartei[Ben]
Dich stört etwas an Piraten,
oder sogar Politik allgemein?
DANN TU ENDLICH DINGE!
Vergangene Woche warf ZEIT-Redakteurin
Nina Pauer den Piraten vor, für nichts zu stehen.
Eine Entgegnung
© Adam Berry/Getty Images
Ich bin also auf dieser Podiumsdiskussion, das Thema lautet »Die
Politik der 30-Jährigen«.
Mit mir auf dem Podium sitzt auch Nina Pauer,
eine Journalistin der ZEIT, die ich, als ich sie sehe, in
der Wikipedia nachschlage.
Ich denke mir, du nimmst diese
Podiumsdiskussionen nicht ernst genug, du müsstest dich vorbereiten.
Stattdessen setzt du dich erst eine Stunde vorher damit auseinander, mit
wem du da sitzt.
Das merkt aber keiner, weil an mir ja
»Fraktionsvorsitzender« und »Pirat« dransteht und Christopher Lauer
mittlerweile eine eigene Kategorie sein könnte, in die man Menschen
einordnet.
Einige Tage später wird Pauer einen Artikel über unsere Begegnung schreiben.
In der Podiumsdiskussion, in der es ja eigentlich um eine Generation
und deren Politik gehen sollte, geht es am Ende nur um den Teil der
Generation, der als Piraten Politik macht.
Ich versuche zu erklären, warum ich Pirat geworden bin und was das
für eine Politik sein könnte, die Piraten machen. Ich spreche von
gesellschaftlicher Teilhabe aller, aktivem Einmischen in Politik statt
passivem Ertragen, Utopien denken und sie umsetzen.
Christopher Lauer
Nach der Diskussion stehe ich mit Nina Pauer beim Bier.
Wir unterhalten uns darüber, wie es ist, für die ZEIT
zu arbeiten, und darüber, Politiker einer jungen, aufstrebenden
Partei zu sein.
Ein Berliner Pirat gestellt sich zu uns.
Er sagt, dass
er sich gerne mehr einbringen würde,
aber nicht wisse, wie.
Es entspinnt
sich eine Diskussion.
Plötzlich fragt Pauer mich, warum sie uns nicht
wählt und was passieren müsste, damit sie uns wählt.
Mit uns
sympathisieren würde sie ja schon.
Irgendwie zumindest.
Sie will ein
Manifest.
Ich sag ihr, ja, so ein Manifest wäre mit Sicherheit nicht
schlecht, ich hab aber keine Zeit, es zu schreiben, schreib du es doch.
Das macht sie wütend.
Ich bin doch der Politiker, denkt sie
wahrscheinlich.
Und ich denke, meine Güte, kannst du dir vorstellen, mit
was für banalem, bürokratischem Zeug ich mich beschäftigen muss?
Kranzniederlegungen, einen Ersatz für eine in Elternzeit
gehende Mitarbeiterin finden, Rechnungen unterschreiben.
Stellen Sie sich einen
Möbelpacker auf dem Weg in den vierten Stock ohne Aufzug vor, der zwei
Umzugskisten trägt und auf dem Rücken ein Klavier balanciert.
Das bin
ich.
Wenn ich Nina Pauer sage, sie soll den Piraten das Manifest
schreiben, was dazu führen würde, dass sie dann auch Piraten wählt, dann
tue ich das nicht mit Häme, sondern in dem Wissen, dass sie
wahrscheinlich intelligent und engagiert genug ist, um ein solches
Manifest zu schreiben.
Sie müsste es halt nur tun.
Das ist eben Politik:
Man muss Dinge tun.
Die Piraten haben sich gegründet, um die Gesellschaft zu verändern.
Das machen sie gerade.
Die Gesellschaft verändert sich nicht dadurch,
dass ich zu Hause sitze und denke, Angela Merkel müsste ein Manifest
schreiben um mich abzuholen.
Die Gesellschaft verändert sich dadurch,
dass Menschen Dinge tun.
Eine Partei ist Abbild der Gesellschaft.
Institutionalisierung und die damit einhergehenden Probleme sind nicht
geplant. Sie passieren.
Auch bei den Piraten.
Das heißt, wenn man etwas
bei den Piraten verändern möchte, genau wie in der Gesellschaft, muss
man halt Dinge tun. Und zwar in der Partei.
Die tut man aber nicht
dadurch, dass man mir beim Bier »Man müsste mal« sagt.
Ich kann in
solchen Situationen nämlich auch nur noch nicken und sagen:
Klar, hast
du recht, aber ich habe gerade keine Zeit dafür.
Mein Leben besteht seit dem 18. September
2011 aus einem Trilemma:
Ich muss ständig entscheiden, ob ich mich auf meine Arbeit als
Abgeordneter konzentriere, ob ich Parteiarbeit mache oder versuche, die
Reste meines Privatlebens aufrechtzuerhalten – in dem Wissen, dass
Gespräche beim Bier danach in der ZEIT erscheinen
können und ich in der Öffentlichkeit nur noch persönlich, aber nie
wieder privat sein kann.
Es gibt viele Dinge, die ich zusätzlich machen
könnte, aber mir fehlt schlichtweg die Arbeitskraft dazu.
Das heißt,
entweder besuche ich viele
Parteistammtische und mache viele öffentlichkeits
wirksame Veranstaltungen, um »die Leute abzuholen«, oder ich konzentriere mich auf meinen Job als Abgeordneter, weil das nun mal
das ist, wofür die
Piraten und ich gewählt worden sind.
Dinge tun.
Im
Parlament.
Das Privatleben verliert ja eh gegenüber
Pflicht und
Verantwortung.
Seite 2/2:
Wieso nicht einfach selbst tätig werden?
Ein Ausweg wäre, das Parlament besser auszustatten.
Diese Diskussion
führen wir gerade in Berlin, es steht der Vorschlag im Raum, den Landtag
zu einem Vollzeitparlament zu machen.
Mit einer besseren Ausstattung.
Dann müsste ich mir nicht mehr mit zwei Abgeordneten eine Schreibkraft
teilen.
Dann hätten wir nicht nur einen Referenten für drei Ausschüsse,
sondern könnten für jeden Ausschuss einen Referenten einstellen.
Ein
anderer Ausweg wäre, auf die Erwartungshaltungen zu scheißen und klar zu
sagen: Leute, ich kann entweder wie ein blöder arbeiten oder euch wie
ein blöder abholen, beides aber geht nicht.
Oder ich arbeite nur noch
halb so viel und versuche, euch dafür ein bisschen abzuholen.
Aber will Nina Pauer das wirklich von Politikern?
Dass ich mich den
ganzen Abend auf Stammtischen rumtreibe, deswegen morgens nicht in die
Puschen komme und dafür tagsüber weniger performe?
Soll ich, statt das
Tagesgeschäft zu machen (damit die mediale Erwartungshaltung bedienen,
Piraten können im Parlament genauso wie die anderen), meine Zeit damit
verbringen, Manifeste zu schreiben, die dann Nina Pauer motivieren, die
Piraten zu wählen?
Und dann?
Damit wir bei der nächsten Wahl mit noch
mehr Leuten in einem chronisch unterfinanzierten Parlament sitzen?
Damit
Leute, die abgeholt werden wollen dann weiter abgeholt werden wollen,
statt sich mal selbst abzuholen?
Politik ist so, wie sie ist, weil sie von den Menschen gemacht wird,
die sie machen.
Der einfachste Weg, daran etwas zu ändern, ist
tatsächlich, in einer Partei aktiv zu werden und Dinge zu tun.
Genauso
wie ich mich dazu entscheide, statt ein Manifest zu schreiben, meine
Arbeit als Abgeordneter zu machen, entscheidet sich Nina Pauer dafür,
kein Manifest zu schreiben, sondern einen Text über einen Abgeordneten,
von dem sie gerne hätte, dass er ein Manifest für sie schreibt.
Dabei war es für Bürger noch nie so einfach, in einer Partei
einzusteigen.
Die Strukturen der Piraten sind noch immer sehr
durchlässig.
Frauen wie Laura Dornheim
oder Anke Domscheit-Berg haben sich nach der Berlin-Wahl hineinbegeben.
Laura Dornheim mit dem Thema Gender und Feminismus.
Wenn sie darauf
gewartet hätte, dass die Piraten ihre Positionen zu diesem Thema durch
eine spukhafte Fernwirkung einfach so übernehmen, hätte sie lange warten
können.
Wer darauf wartet, dass ihm die Piraten ein Manifest schreiben,
das exakt ihn dazu motiviert, die Piraten zu wählen, wird
wahrscheinlich enttäuscht werden.
Der Passiv-Pirat, der ja Anlass für Nina Pauers Manifestforderung
war, meldete sich übrigens eine Woche später bei mir.
Wir trafen uns auf
einen Kaffee, er hat mir davon berichtet, was er machen möchte, und ich
konnte ihm eine Stunde lang erklären, an wen er sich auf Landes- und
Bundesebene wenden soll, wie er sich wo in unseren Parteistrukturen
zurechtfindet, und vor allem konnte ich ihm sagen:
Du bist nicht allein.
Ich hab zwar grade andere Baustellen, aber wenn du Hilfe brauchst wirst
du sie von mir bekommen.
Als Möbelpacker kann ich noch mit den Füßen Türen auftreten.
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