Sport News Freitag, 03.08.2012
N24
Frauensport
gilt in Saudi-Arabien als schamlos.
In London sorgt Schwergewichtlerin
Shaherkani
mit Kopftuch auf der Judo-Matte jedoch für das
Symbol der
Spiele.
Sportlich geriet der Kampf aber zur Farce.
Ein scheuer Blick, ein letzter Zupfer am
schwarzen
Hidschab - dann betrat
Wodjan Ali Seraj Abdulrahim Shaherkani am Freitag
um 10.27 Uhr Ortszeit bei den Spielen in London sportliches Neuland.
Ein, zwei Aktionen durfte die erst 16 Jahre alte
Athletin mit der
ungewöhnlichen Kopfbedeckung,
die aussah wie eine schwarze Badekappe,
unter
dem großen Beifall der Judo-Fans in der ExCeL-Halle zeigen, ehe
ihr Abenteuer bei den Spielen in London schon wieder beendet war.
Gerade
80 Sekunden dauerte der Auftritt der
ersten Athletin aus Saudi-Arabien
in der
Olympia-Geschichte.
Das Internationale Olympische Komitee hofft,
dass
das kurze Gastspiel dennoch ein wegweisendes
Zeichen für die
Zukunft gesetzt hat.
"Ich war so nervös.
Ich war
noch nie vor einer solchen Menschenmenge", gestand die 16-Jährige nach
ihrem Aus gegen
Melissa Mojica aus Puerto Rico.
Übrigens auch nicht
gerade eine Vertreterin einer Judo-Großmacht, aber darum ging es am
letzten
Tag der Wettkämpfe nicht.
Das Symbol zählte - und das dürfte
Wirkung
weit über diesen 03. August 2012 hinaus haben.
Frauensport ist in Saudi-Arabien schamlos
Erstmals
haben alle Olympia-Teams Frauen
nominiert - auch Katar und Brunei, die
wie die
Saudis keine Athletinnen für die Peking-Spiele
nominiert hatten.
In London geht neben Shaherkani die in den USA lebende 800
Meter-Läuferin Sarah Attar für den
Ölstaat an den Start.
Bei der
Eröffnungsfeier trugen beide Kopftücher -
die Empörung der Sittenwächter
und bei religiös-konservativen Kreisen in der Heimat war trotzdem
riesengroß.
Frauensport gilt in Saudi-Arabien als schamlos.
Schulsport ist für Mädchen verboten, Frauensporteinrichtungen werden
nicht genehmigt,
und ohne Begleitung eines männlichen Familienmitglieds
dürfen Frauen nicht verreisen.
In London steht der 16-Jährigen ihr Vater
zur Seite.
Rogge sieht einen "Meilenstein"
Die
Menschenrechtler von Human Rights Watch
hatten "wegen
Geschlechter-Diskriminierung"
den Olympia-Ausschluss Saudi-Arabiens
gefordert.
"Dass Frauen und Mädchen nicht für die
Wettkämpfe trainieren
können, verletzt eindeutig
das Gleichberechtigungsgebot der olympischen
Charta und verpasst der olympischen Bewegung
selbst ein blaues Auge",
hieß es.
Nun sind die saudischen Frauen bei Olympia dabei -
und
IOC-Präsident Jacques Rogge sieht einen "Meilenstein" auch für die
Entwicklung des Frauensports in der arabischen Welt.
Tagelang
hatte es ein Gezerre um den Auftritt Shaherkanis gegeben.
Der
Internationale Judoverband (IJF) lehnte
ein Kopftuch aber zunächst
kategorisch ab.
Es entspreche nicht den Regeln, sagte Präsident
Marius
Vizer.
Doch am Ende einigte man sich auf eine speziell konzipierte
Kopfbedeckung, die eher einer Haube
glich.
Der Beginn einer neuen Ära
Sichtlich
beeindruckt von der Medienmeute stand
die Teenagerin nach ihrem kurzen
Auftritt in den Katakomben der ExCeL-Arena.
Kein Olympiasieger hatte so
viele Journalisten in
die Judo-Halle gelockt wie die Athletin aus
Saudi-Arabien.
"Ich war aufgeregt und sehr stolz, mein Land
hier zu
präsentieren", sagte die Judoka noch.
"Judo machen viele in meiner
Familie,
mein Vater ist hier Kampfrichter."
Damit war die historische Premeire auch fast
schon
vorbei.
Shaherkani wurde vom saudischen Offiziellen
Hani Kamal Najm in
die abgeschiedenen
Hinterräume geführt.
Vorher konnte sie aber doch noch
eine Botschaft abgeben - und da war sie plötzlich gar nicht
mehr scheu:
"Hoffentlich ist es der Beginn einer neuen Ära, hoffentlich werden
andere Frauen mir nachfolgen."
(dapd, dpa, N24) 03.08.2012
N24
Radprofi
Philip Hindes hätte besser geschwiegen.
Der deutsch-englische
Olympiasieger gab zu,
in der Qualifikation gegen Deutschland mit
Absicht gestürzt zu sein.
Oder war sein Englisch zu schlecht?
Zum Sieg getrickst
Radsprinter Hindes stürzte absichtlich
Radprofi Philip Hindes hätte besser geschwiegen.
Der
deutsch-englische Olympiasieger gab zu, in der Qualifikation gegen
Deutschland mit Absicht gestürzt
zu sein.
Oder war sein Englisch zu
schlecht?
Als die englischen Zeitungen am Freitagmorgen
"His
Royal Hoyness" huldigten, lag längst ein
Schatten auf dem
Olympia-Triumph von
Sir Christopher Andrew Hoy und seinen
Teamsprintern.
Ausgerechnet Hoys "deutscher" Anfahrer
Philip Hindes rief durch völlig
unbedachte
Äußerungen große Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des
historischen Sieges hervor.
Er sei, erzählte Hindes, in der
Qualifikation
absichtlich gestürzt.
Hindes: Bin absichtlich gestürzt
"Wir haben
gesagt, wenn wir schlecht starten,
müssen wir stürzen, um einen Neustart
zu
erzwingen.
Ich bin gestürzt, ich hab es absichtlich getan.
Es war
alles geplant", hatte Hindes, der aus
Krefeld stammt und einen
englischen Vater hat, unmittelbar nach dem Wettkampf gesagt.
Der Sturz
hatte dazu geführt, dass das Regelwerk
zum Tragen kam und das britische
Team einen
zweiten Startversuch unternehmen durfte.
Es gibt keine
Regeln, die eine derartige Aktion sanktionieren.
Jan
van Eijden, deutscher Trainer der britischen Sprinttrainer, erklärte
die Aussage sei "scherzhaft" gemeint gewesen und im Überschwang der
Freude entstanden.
"Philip hat dabei nicht nachgedacht",
sagte van
Eijden.
Der Sturz des 19-Jährigen sei vielmehr durch
einen Fehler
enstanden, der jedem Bahnradfahrer unangenehm ist.
"Er ist zu früh
losgefahren und hat dann die
Kontrolle verloren.
Er ist ins Straucheln
geraten und konnte es nicht
mehr ausbalancieren", sagte van Eijden.
Missverständnis durch schlechtes Englisch?
Der
britische Verband teilte allerdings mit, Hindes Kommentar sei aufgrund
seiner noch mangelhaften Englischkenntnisse "falsch übersetzt" worden.
Der Internationale Olympische Komitee (IOC) wie
auch der
Radsportweltverband UCI erklärten, das Ergebnis des Wettkampfs stehe
derzeit nicht zur Debatte, aber man beobachte die Situation.
Am Dienstag
hatten
Badmintonspielerinnen aus China, Südkorea und Indonesie
versucht, aus taktischen Gründen ihre
Spiele zu verlieren und waren disqualifiziert worden.
Nach
dem Wettkampf hatte Hindes unter dem Jubel Tausender Briten den
Union-Jack geschwenkt und
sich zu seiner Wahlheimat bekannt.
"Ich wollte
immer nur für Großbritannien starten.
Es ist einfach unglaublich, so
ein großes Publikum hinter sich zu haben", sagte Hindes.
Umstrittener Wechsel
Überwältigt lag er
seinem Vorbild Hoy, dem auf dem Podium Tränen der Freude herunterliefen,
und dem dritten Mann, Jason Kenny, in den Armen, nachdem
das Trio im
Finale eine Zeit von 42,600 Sekunden gefahren war.
Vor den Augen des
völlig begeisterten
Windsor-Paares Prinz William und Kate Middleton
hatte der gebürtige Schotte Hoy seine fünfte
olympische Goldmedaille
gewonnen und war
damit zum erfolgreichsten Olympioniken des
Empire
aufgestiegen.
Schwer vorstellbar, dass IOC oder UCI dieses
Ergebnis
antasten werden.
Für die Aussicht auf Olympiagold hatte Hindes
sogar
die Schule geschmissen.
"Ich trainiere Vollzeit, erhalte Fördergeld.
Im
Winter habe ich große Schritte gemacht,
wurde immer schneller und
schneller.
Jetzt habe ich die Goldmedaille", sagte er.
Hindes vollendete
damit einen rasanten Aufstieg,
der an der Sportschule in Kaiserlautern
seinen
Anfang nahm.
Noch vor zwei Jahren hatte Hindes bei der
Junioren-WM mit den deutschen Teamsprintern
den dritten Platz belegt.
Doch der Weg in die Nationalmannschaft war
nahezu aussichtslos.
Deutschland hat in Rene Enders nachweislich
den schnellsten Anfahrer der
Welt, und da der
Erfurter gerade einmal 25 Jahre alt ist, dürfte
dessen
Position noch für Jahre fest vergeben sein.
So entschied sich Hindes
zum Wechsel nach Großbritannien.
(SID, dapd, N24)
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